SF-DRS
Interviewpartner Peter Flückiger ist Leiter der Außenproduktion des zum Jahr 2000 neu gegründeten tv productions-center zürich ag, einer Tochter des Schweizer Fernsehens SF-DRS, das viele außergewöhnliche Produktionen durchführt.
Ein starkes Team unterwegs
Das deutschsprachige Schweizer Fernsehen SF-DRS in Zürich ist im Digitalisierungsprozess seiner Produktionstechnik schon weit fortgeschritten. Drei Produktionsstudios im Haus sowie alle fünf digitalen Ü-Wagen sind inzwischen mit CANTUS-Mischpulten und NEXUS-Routern versehen. Einige außergewöhnliche Details setzen dabei ganz neue Akzente für die Außenübertragung.
Wir sprachen mit Peter Flückiger über seine digitale Ü-Wagen-Flotte.
Herr Flückiger, worin unterscheidet sich Ihre Konzeption von der anderer Ü-Wagen?
Es gibt eine Besonderheit in unseren Ü-Wagen: Neben den beiden fest eingebauten NEXUS-Basiseinheiten in jedem Wagen besitzen wir einen Pool von transportablen Basiseinheiten, die wir quasi als Stageboxen mit vor Ort nehmen. Zwischen Stagebox und Ü-Wagen brauchen wir dann nur ein dünnes, leichtes Glasfaserkabel ziehen, anstatt wie früher ein störungsanfälliges und teures Multicorekabel zu verlegen.
Ein Pool von Basiseinheiten - heißt das, dass Sie variabel sind in der Aufteilung?
Ja, der Pool-Gedanke war für uns als kleinere Rundfunkanstalt mit geringerem Budget eine gute Möglichkeit, um die vorhandene Technik optimal auszulasten. Wir haben für unsere zwei großen und drei mittleren Ü-Wagen insgesamt acht transportable NEXUS-Basisgeräte; jedes ist mit 20 Mikrofoneingängen und 8 Line-Eingängen bestückt. Wir verwenden sie jeweils dort, wo wir sie gerade brauchen. Damit können wir sehr flexibel disponieren und haben Investitionskosten gespart. Derzeit lassen sich bis zu vier Stageboxen an einen Ü-Wagen anschließen.
Ist das technisch kein Problem?
Normalerweise kann man nicht einfach irgendeine Basiseinheit irgendwo in einem NEXUS-Netz anschließen. Jede Basiseinheit hat nämlich einen Namen, ihre Basisgeräte-Nummer. Unter dieser Nummer wird sie im Netzwerk angesprochen. Für unsere Ü-Wagen wollten wir aber mehr Flexibilität. Die Lösung des Problems ist simpel und wirkungsvoll: Wir haben einen Drehschalter an jede Stagebox bauen lassen, mit dem wir die Basisgeräte-Nummer von 0 bis 15 manuell einstellen können. Jetzt lässt sich wirklich beliebig jede vorhandene Stagebox an jeden Ü-Wagen anschließen!
Die Flexibilität geht noch weiter: Die beiden großen und die drei mittleren Ü-Wagen sind jeweils identisch aufgebaut, sodass man jederzeit von einem zum anderen wechseln könnte. Auch CANTUS und NEXUS sind in den Ü-Wagen gleich ausgestattet. Dadurch sind die Konfigurations- und Automationsdaten frei untereinander austauschbar, und wir haben auf jedem Wagen den gleichen hohen Qualitätsstandard.
Warum müssen Sie so flexibel sein?
Das hat mehrere Gründe. Einerseits können wir bei so großer Flexibilität einfacher disponieren. Außerdem haben wir hier in der Schweiz aber auch einige außergewöhnliche Außenaufnahmen: Häufig müssen wir an einer langen Wegstrecke entlang immer wieder mikrofonieren. Das ist der Fall z. B. bei Skirennen oder Radrennen, aber auch bei so spektakulären Aktionen wie der Live-Übertragung einer Eiger-Nordwand-Besteigung. Derart lange Kabelwege sind für uns mit Glasfaser und mehreren NEXUS-Stageboxen am Wegesrand kein Problem mehr.
Hinzu kommt, dass der Platz vom Ü-Wagen oft von den örtlichen Gegebenheiten bestimmt ist – weil etwa der große Wagen nicht über eine kleine Bergstrasse fahren und so näher ans Geschehen kommen kann. Deshalb müssen wir flexibel sein mit der Anzahl der Basiseinheiten und übrigens auch mit der Art der NEXUS-Vernetzung. Wir sind, soweit ich weiß, die einzigen Anwender, die vom Ü-Wagen weg sternförmig auf zwei NEXUS-Basiseinheiten und von dort aus nochmals seriell auf zwei weitere NEXUS-Basiseinheiten gehen können!
Sie benutzen also außerhalb des Ü-Wagens praktisch nur noch Glasfaser?
Ja, damit haben wir beste Erfahrungen gemacht. Ich denke, wir sind europaweit gesehen führend im Einsatz von Glasfaser bei Außenübertragungen. Nur für ganz außergewöhnliche Witterungsverhältnisse haben wir im Ü-Wagen noch 12 Mikrofon-Eingänge, die wir mit gewöhnlichem Multicore verkabeln können. Aber wir stellen unsere NEXUS-Stageboxen auch in den Regen oder Schnee, das macht denen gar nichts. Glasfaser ist so einfach und praktisch zu handhaben, dass wir zukünftig planen, auch die vermittelnde Kommunikationsanlage über NEXUS zu steuern und über NEXUS-Glasfasern zu verteilen.
Unser größtes Problem bisher kam von ganz unerwarteter Seite: Bei einer Übertragung hatten Kühe das Glasfaserkabel angefressen!