AURUS für fünf Sparten
Neues Musiktheater Linz mit vielseitiger Technik
Musik und Theater sind aus der reichen Kulturgeschichte Österreichs nicht wegzudenken. Die Stadt Linz, in der der österreichische Komponist Anton Bruckner fünfzehn Jahre lang lebte und arbeitete, steht ebenfalls in dieser Tradition. Mit dem neuen Musiktheater Linz erhält die Stadt ein Mehrspartenhaus der Superlative
In Europa hat es eher Seltenheitswert, dass eine Stadt ein vollkommen neues Theaterhaus baut. Linz, Landeshauptstadt von Oberösterreich und nach Wien und Graz die drittgrößte Stadt Österreichs, war für ihre knapp zweihunderttausend Einwohner mit fünf Theatern bereits gut ausgestattet. Jedoch war das alte Musiktheater, das als Opernhaus und Stätte für konzertante Aufführungen jeder Art diente, für die Zuschauer im Hinblick auf die Akustik und den Komfort nicht mehr befriedigend.
Schon seit vielen Jahren plante die Stadt einen Neubau, der sowohl gute Sicht auf die Bühne gewährleisten als auch eine hervorragende Akustik bieten und den modernen Komfort eines großzügig ausgelegten Theaters mit sich bringen sollte. Das Projekt musste viele Hürden überspringen; zunächst herrschte Uneinigkeit über den Standort, dann über den architektonischen Entwurf. Aber das lange Zögern und Optimieren hat sich gelohnt, wie ein Blick hinter die Kulissen und Vorhänge des neuen Hauses beweist.
Ein kurzer Überblick
Das Musiktheater Linz nimmt den Umzug in das neue Gebäude zum Anlass, erstmals eine Musical-Sparte zu etablieren. Das Haus wird die Genres Oper, Schauspiel, Ballett, Kinder- und Jugendtheater und Musical abdecken. Dafür stehen drei Spielstätten zur Verfügung: der Große Saal mit außerordentlich variablem Bühnenbereich, die Blackbox als Studiobühne und der Orchestersaal für konzertante Aufführungen, der außerdem im Alltag als Probensaal des weltbekannten Brucknerorchesters dient. Für dieses Großprojekt lieferte und STAGETEC ein NEXUS-Audionetzwerk zur Signalverteilung im gesamten Haus sowie AURUS-Mischtechnik in den drei Sälen und dem zusätzlichen Aufnahmestudio.
Schiere Größe: Die Bühne des Großen Saals
Drei Bühnen für fünf Sparten – das bedeutet auch, dass zumindest eine Bühne sehr variabel einsetzbar sein muss. In diesem Haus ist das der Große Saal, der sich variantenreich an die verschiedenen Genres und ihre Bedürfnisse anpassen lässt. Eine wichtige Rolle übernimmt dabei die Bühnenkonstruktion. Zunächst einmal fällt deren ungeheure Größe auf: Die Bühnenfläche umfasst unglaubliche 2066 Quadratmeter, sofern man die Bereiche der Montagefläche sowie der Hinterund Nebenbühne mit einrechnet. Auch die Bühnentechnik ist einen zweiten Blick wert. Sie wird von einer großen Drehbühne mit sage und schreibe 32 Metern Durchmesser dominiert, in die wiederum eine kleinere Drehscheibe und mehrere Hubpodien integriert sind.
Hier kann sich also alles bewegen. Für moderne Inszenierungen ist das ein handfester Vorteil, für alle technischen Gewerke hingegen eine große Herausforderung. Um überall auf der Bühne Anschlüsse nicht nur für die Spannungsversorgung, sondern auch für das NEXUS-Audionetzwerk bereithalten zu können, wurde sowohl für die große Drehbühne als auch für die kleine Drehscheibe jeweils ein Schleifring installiert. Hierbei handelt es sich um Optoübertrager, die die NEXUS-Glasfaserleitungen am Übergang vom festen Teil des Gebäudes auf die beweglichen Bühnenbereiche miteinander verbinden. Nun kann unter jeder der zwei Drehbühnen jeweils ein NEXUS-Basisgerät unabhängig vom Status der beweglichen Bühnenelemente fest installiert betrieben werden. Diese Basisgeräte bringen Monitorsignale auf die Bühne, nehmen Mikrofonsignale von kabelgebundenen Mikrofonen an und stehen als I/O- Schnittstelle für systemfremde Daten wie zum Beispiel Steuersignale oder das Inspizientensystem zur Verfügung. Ein Lichtleitersteckfeld, das ebenfalls hinter dem Schleifring der großen Drehscheibe eingefügt ist, ermöglicht den Anschluss von bis zu drei weiteren, mobilen NEXUS-Basisgeräten. Das Audionetzwerk für die Hauptbühne umfasst außerdem die Signalausgänge für die Lautsprecher-Leistungsverstärker und für das In-Ear-Monitoring sowie über 40 analoge Mikrofoneingänge für die Mikroports.
Der Saal verfügt über eine Einspielregie mit einem großen AURUS-Mischpult. Insbesondere für den Musicalbetrieb, aber auch zur Unterstützung bei Proben kann ein zusätzliches, transportables AURUS direkt im Zuschauersaal aufgebaut werden. Dieses Setting unterstützt audioseitig die Flexibilität, die zur Inszenierung der verschiedensten Genres notwendig ist.
Noch mehr Variabilität vorbereitet
Bei der Planung des Großen Saals wurde viel Wert auf eine gute Akustik gelegt. Diese war im alten Haus für manche Aufführungen durchaus problematisch, weshalb man im Neubau keine Kompromisse eingehen wollte. Gewünscht waren außerdem von allen Zuschauerpositionen aus vorbildliche Sichtlinien auf die Bühne, da man von der bisherigen Spielstätte in diesem Punkt Kummer gewohnt war. Beim Thema Sicht mag es, objektiv betrachtet, gut oder weniger gut geben – auf die Akustik trifft dies nicht zu. Was bei der Oper passt, wird beim Musical möglicherweise als unpassend oder gar störend empfunden.
Darüber war sich auch der Bauherr im Klaren und hat als Konsequenz daraus die tontechnische Anlage bereits für einen optionalen Einbau eines Vivace-Raumakustiksystems vorbereitet. Ganz ähnlich wie bereits an anderer Stelle in dieser Ausgabe beschrieben, wird sich damit die Akustik variabel gestalten und je nach Aufführung oder Inszenierung anpassen lassen. Zusammen mit AURUS ergeben sich insbesondere in Hinblick auf die auszubauende Musical-Sparte eine Vielzahl von Raumklang- und Effektmöglichkeiten, die die große Vielfalt des Hauses noch weiter unterstreichen.
Trio mit Regie
Der Große Saal fasst im normalen Repertoire-Alltag knapp 1 000 Zuschauer. Verzichtet man auf den Orchestergraben und gleicht dessen Boden an das Saalniveau an, so kann eine zusätzliche Bestuhlung eingebaut und der Saal auf bis zu 1 130 Sitzplätze erweitert werden.
Die Aufführungen in der Blackbox, einer flexibel nutzbaren, trapezförmigen Studiobühne, sind in einem deutlich experimentelleren Rahmen mit bis zu 270 Zuschauern vorgesehen. In diesem Raum können Bühne und Zuschauer unterschiedlich angeordnet werden, so dass die unterstützende Technik nach einem sehr offenen Konzept arbeiten muss. Die Blackbox erhielt deshalb ausschließlich mobile Tontechnik, bestehend aus einem transportablen AURUS mit zugehörigem NEXUS-Basisgerät sowie zusätzlichen mobilen Basisgeräten aus dem hauseigenen Pool.
Der Orchestersaal, die dritte Spielstätte des neuen Musiktheater Linz, benötigt für seine Konzerte in der Regel keine Tontechnik. Hier wird Kammermusik gegeben oder zu öffentlichen Orchesterproben geladen. Die installierte Tontechnik dient nicht der Unterstützung der Aufführung, sondern der Aufnahme. Dementsprechend ist der Orchestersaal ganz klassisch über ein Regiefenster mit einer Aufnahmeregie verbunden, in welcher das vierte AURUS dieser großen Installation untergebracht ist.
Das gesamte Audionetzwerk aus 15 NEXUS-Basisgeräten und vier AURUS-Mischpulten wird als ein Gesamtnetzwerk betrieben. Dadurch besteht auch die Möglichkeit, jede andere Aufführung im Haus in der Aufnahmeregie mitzuschneiden oder in jedem der drei Säle Produktionen zu fahren.
Die Technik von STAGETEC im Musiktheater Linz
- 4 AURUS-Mischpulte
- 2 NEXUS STARs
- 9 NEXUS-Basisgeräte, fest installiert
- 4 NEXUS-Basisgeräte, mobil
Beispielhafte Umsetzung
Mit dem Musiktheater Linz hat Österreich ein markantes neues Kulturbauwerk erhalten. Es gilt heute mit einer Nettogeschossfläche von fast 45 000 qm als größter Theaterneubau Europas und ist eines der wenigen Häuser, das alle zum Theaterbetrieb gehörenden Bereiche inklusive sämtlicher Werkstätten wie Schlosserei, Tischlerei und Schneiderei sowie aller Lagerstätten wie Kostüm- und Requisitenlager in sich beherbergt. Innerhalb des Projekts kamen ungezählte neue Technologien zum Einsatz, beispielsweise für das große, automatische Kulissenlager, aus dem man nun innerhalb kürzester Zeit einen neuen Bühnenhintergrund herausfahren lassen kann. Unser Augenmerk lag auf der flexiblen STAGETEC-Audiotechnik, deren höchster Qualitätsstandard und größtmögliche Effizienz hier beispielhaft für alle Gewerke dieses gelungenen Gesamtprojekts stehen.