Vorzeigekinos und HD-Regie
Neubau der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film
Die HFF München zählt zu den bedeutendsten Filmhochschulen im deutschsprachigen Raum. Zu ihren Absolventen gehören neben dem vor zwei Jahren verstorbenen Bernd Eichinger auch die Oscar-Gewinner Caroline Link und Florian Henckel von Donnersmarck. Auch jüngere Absolventen wie beispielsweise der Schweizer Filmregisseur Tim Fehlbaum und dessen Kameramann Markus Förderer, der mit dem Deutschen Kamerapreis 2012 ausgezeichnet wurde, machen erfolgreich von sich reden. Damit das so bleibt, soll auch heutigen und zukünftigen Studierenden weiterhin das nötige Rüstzeug für ihre Karriere mitgegeben werden. Als die Hochschule 1967 gegründet wurde, waren Film- und Fernsehproduktionen technisch noch deutlich weniger aufwändig als heute. Noch dazu hat in beiden Branchen eine Digitalisierung stattgefunden. Der klassische, analoge 35mm-Film ist zwar noch nicht ganz aus dem Rennen, hat aber umfassende digitale Konkurrenz bekommen. Es liegt auf der Hand, dass die technische Ausstattung des Neubaus der Münchner Hochschule das Handwerkszeug für die heute üblichen Produktionen bereitstellen muss. Mehr noch, sie soll sich an den höchsten Produktionsstandards orientieren, um die Studenten optimal vorzubereiten.
Für 3G vorbereitet
Um einen Fernsehbetrieb nachempfinden zu können, verfügt das neue Gebäude über eine HD-Videoregie. Gerhard Reichart, der vom Systemhaus Salzbrenner für die Projektleitung dieses Auftrags zuständig war, stellt dessen technische Ausstattung auf dieselbe Stufe wie die eines digitalen Sendestudios im Produktionsbetrieb: „Sämtliche der von uns gelieferten Komponenten, vom digitalen Bildmischer über Videoserver, Schriftgenerator, Monitorwand und einem AURATUS samt NEXUS als Tonmischpult und Audiorouting könnten in dieser Form auch in einem soeben modernisierten TV-Sender zu finden sein!“
Bild und Ton kommen entweder live aus den Studios oder werden vorproduziert und eingespielt. Als Zuspielformat wählte die HFF München das bei deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern sehr verbreitete XD-CAM HD422, für das zwei Zuspieler in der Videoregie bereitstehen. Eine weitere Zuspielmöglichkeit besteht über einen Venice Video-Server, der auch einen Datenaustausch mit dem Serversystem in der Postproduktion vornehmen kann. Auf diese Weise können die Studierenden eine rein file-basierte Produktionsweise vom Aquiseformat bis zur Sendung kennen lernen. Heutzutage existieren für das Videomonitoring verschiedene Konzepte. In München entschied man sich für einzelne TFT-Bildmonitore, so dass jedes Videosignal einem eigenen Bildschirm zugeordnet werden kann. Diese Herangehensweise hat im Lehrbetrieb gegenüber Split-Lösungen den Vorteil, dass die Studenten so die Arbeitsweise in der TV-Regie besser nachvollziehen können. Die HD-Senderegie erhielt daher eine TFT-Wand aus gut 20 Einzelmonitoren. Die Technik in der Videoregie ist bereits auf 3G-Standard vorbereitet, wird momentan allerdings im gängigen Broadcast-Standard 1080i mit 1,485 Gbit/sec gefahren. Die Hochschule kann später, sollte es für die Lehre im Bereich der Fernsehproduktion sinnvoll sein, ohne Schwierigkeiten auf 1080p mit einer Datenrate von 2,97 Gbit/sec umrüsten.
Wie im Kino
Die Ausstattung für Filmproduktionen kann sich ebenfalls mit modernsten Maßstäben messen lassen. Mit dem Neubau erhielt die HFF München zwei Kinosäle plus ein kleineres Videokino sowie ein Audimax, das ebenfalls als vollwertiges Kino genutzt werden kann, sowohl für klassischen Film und Digital Cinema als auch für Video. Hintergrund ist, dass die Räume nicht nur für die Präsentation der Studentenfilme, sondern auch im Rahmen von internen und öffentlichen Filmfestivals für Vorführungen genutzt werden sollen. Die drei wichtigsten Räume – also die beiden großen Kinos und das Audimax – erhielten deshalb auch die übliche Leinwandtechnik mit Hauptvorhang, horizontalem und vertikalem Kasch, eine Beschallungstechnik mit den bei Kinovorführungen unverzichtbaren Dolby-Prozessoren und zusätzlich zur internen Verkabelung noch eine Querverkabelung zu den Produktionsnetzen. Eine ganz ähnliche Ausstattung kam der für Kinomischungen vorgesehenen Dolby-Filmtonregie zu. Hier war eine besonders kreative Lösung erforderlich, um die Beschallungslautsprecher in der THX-Wand hinter der Leinwand auch für Servicezwecke zugänglich halten zu können. Aufgrund der hohen Ansprüche an den Raum für eine Dolby-Zertifizierung war der Platz zu kostbar, um den normalerweise üblichen Wartungsgang hinter der Leinwand bereitzustellen. Deshalb verfügt diese Regie jetzt über einen einzigartigen, aufklappbaren Leinwandrahmen, der vom renommierten Hersteller Schneider Spezialbau aus Kiel gefertigt wurde.
Lange Kabelwege
Die Hochschule konnte den Umzug in den Neubau mit einer Gesamtfläche von 9200 Quadratmetern nutzen, um die Studiofläche deutlich zu vergrößern. Beide Sparten, die Film- sowie die Videoproduktion, können nun auf je ein großes und ein kleines Studio zurückgreifen. Alle vier Studios sind über Wandanschlusskästen, die je nach geplanter Nutzung Anschlussmöglichkeiten für Kamerasignale gemäß SMPTE 311, CAT-, Audio-, LWL- und Coax-Verkabelung bieten, an die Hausinfrastruktur angeschlossen. Die Kabelinfrastruktur im gesamten Audio-Video-Postpro-Bereich beträgt insgesamt mehr als 60 Kilometer Kabel, die innerhalb des Gebäudes sämtliche Räume miteinander verbinden. Mit dem Neubau residiert die HFF München nun im Münchner Kunstareal und nutzt gemeinsam mit dem Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst ein Gebäude. Städteplanerisch soll das Viertel, das zahlreiche weitere Museen beherbergt, damit auch außerhalb des Museumsbetriebs belebt, aus Hochschulsicht die HFF München näher an das städtische Leben und in den Fokus der Stadt gerückt werden.